Sex oder der Nerd ist auch nicht mehr das was er mal war
Mein Studium der technischen Informatik ist ja nun schon über 20 Jahre her und damals begann es, dass mir dadurch bestimmte Eigenschaften und Fähigkeiten zugeschrieben wurden bzw. eben nicht zugeschrieben wurden. Ich gehörte einer Spezies an, deren Mitglieder stunden- und tagelang einsam vor einem Computer verharrten und programmierten und von den natürlichen menschlichen Bedürfnissen nur Essen, Trinken und den Toilettengang widerwillig nachgaben. Kommunikation mit anderen Menschen, außer es betraf das Programmieren, gehörte nicht dazu und Sex schon gar nicht. Der kann ja eine Frau nicht vom Fahrrad unterscheiden, war so ein Satz der hängenblieb. Autistisch vorm Rechner hängen, so ein anderer.
Programm or be Programmed
Und dann kam alles ganz anders und das war damals für mich in keiner Weise absehbar. Und Douglas Rushkoffs „Programm or be programmed“ habe ich immer noch nicht gelesen. Diese vermeintlichen Autisten übernehmen gerade die Weltherrschaft (Google & Co.) und haben den menschlichen Kommunikationsfähigkeiten und sozialen Strukturen eine komplette neue Dimension hinzugefügt. Wir haben mit dem Internet nicht nur ein neues Medium, sondern einen ganz neuen Lebensraum geschaffen und dieser ermöglicht und besteht aus Kommunikationen.
Wir Programmierer erlebten, dass Software in einem sozialen und kommunikativen Kontext entsteht. Dazu gehört empathische Kommunikation, die alltägliche Integration von Meta-Kommunikation, das kritische Hinterfragen, Konflikt- und Verhandlungsfähigkeiten und vieles mehr. Die agile Bewegung hat hier große Verdienste, denn sie setzte den bis dahin dominierenden einseitigen „Kommunikationen“ in eine Richtung („Pflichtenheft abgeben“) etwas entgegen, die bis dahin dazu führte, dass massenweise Informationen in Dokumenten (Projektplänen, Anforderungskatalogen etc.) gesammelt, versenkt und damit faktisch der zwischenmenschlichen Kommunikation entzogen wurde. Stattdessen wurde getrieben durch die agile Bewegung der Grad der direkten Kommunikation von Angesicht zu Angesicht systematisch gesteigert.
Vom Autisten zur reflektierten Führungspersönlichkeit
Diese Kommunikationsfähigkeiten wurden zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor, immer komplexere und innovativere softwarebasierte Systeme mit immer höheren Ansprüchen an die intuitive und sichere Bedienbarkeit erforderten immer reifere Kommunikationstechniken und -fähigkeiten. Von der Moderation über Visualisierung, Facilitation bis hin zu Konfliktmanagement und systemischem Coaching. Damit einher gehen auch Reflexionen über die eigenen Rollen, Fähigkeiten und Eigenschaften und das Selbstmanagement.
Softwareentwickler sind heute immer besser ausgebildete Kommunikatoren und reflektierte Persönlichkeiten mit zunehmenden Führungsqualitäten. Ich meine also nicht charismatische Ausnahmephänomene wie Steve Jobs, sondern ganz normale Menschen und Mitarbeiter wie du und ich, die sich der Bedeutung dieser Aspekte bewusst sind und ihnen einen Wert beimessen. Wer hätte das vor 20 Jahren gedacht.
Bei einem Blogbeitrag mit dem Wort „Sex“ im Titel kann es nur darum gehen, Ihnen etwas verkaufen zu wollen?
Ja genau: Anfang 2014 startet unser Ausbildungsgang zum kollegialen Coach und unser nächstes Training Softskills für Architekten mit einem Zusatztag Software bauen ohne Stress (akkreditiert gemäß iSAQB CPSA-Advanced) ab 21. Januar 2014 in München hat noch Plätze frei!